EU in the world
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Bürgerforum "Europäische Verteidigung"
Veranstalter: Pro-Europa Netzwerk e.V., Widenmayerstr. 7, 80538 München
In Kooperation mit der Europäischen Kommission – Vertretung München
Lange Gasse 6, 83435 Bad Reichenhall
Event report
Bürgerforum des Pro-Europa Netzwerkes München & Oberbayern im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas am 03.02.2022 im Offiziersheim der Bundeswehr in Bad Reichenhall zum Thema „Brauchen wir eine Europäische Armee?“:
Erstes Grußwort: Hauptmann Steve Auch für die Bundeswehr als Gastgeber
Zweites Grußwort: Oberbürgermeister Dr. Lung für die Stadt Bad Reichenhall
Impulsvortrag: Jean-Marie Dhainaut, Spezialist für europäischen Verteidigungsfragen, insbesondere im deutsch-französischen Kontext
Moderation: Eva Feldmann-Wojtachnia vom Centrum für angewandte Politikwissenschaften (CAP) der LMU München
Organisation: Monika Hermann, Pro-Europa Netzwerk München & Oberbayern, Pulse of Europe - Rosenheim
Unter den coronabedingten Regeln (2G) haben 26 Personen an dem Bürgerforum teilgenommen. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Stadt Bad Reichenhall und der Bundeswehr statt sowie in Kooperation mit der Europäischen Kommission, Regionalvertretung in München.
Zum Ergebnis der Bürgerdiskussion:
I.
Zusammenfassung der wesentlichen Argumente der Diskussionsteilnehmer:
1.
Vor dem Impulsvortrag:
Was fällt Ihnen spontan ein zu der Frage „Brauchen wir eine Europäische Armee“?
Nach einer fünfminütigen Diskussion der Bürger untereinander, jeweils an den einzelnen Tischen, zeichneten sich bereits unterschiedliche Meinungen ab:
· Das Thema hätte schon vor 40 Jahren diskutiert werden müssen.
· Wir brauchen auf jeden Fall eine Europäische Armee.
· Wir würden uns eine „Europäische Armee“ wünschen, aber wir halten sie nicht für realistisch.
· Wir haben doch schon eine Europäische Armee, denn wir haben ja 27 nationale Armeen. Hier muss nur die Zusammenarbeit ausgebaut werden. Denn das wichtigste ist der Frieden zwischen den europäischen Staaten.
2.
Nach dem Impulsvortrag:
Nach dem Impulsvortrag zum Thema wird die Diskussion fortgesetzt. Da die Diskussion sehr rege war, entfernte sich die der Diskussionsverlaufes von den als Leitfaden vorbereiteten Fragen und konzentrierte sich auf die beiden nachfolgenden Fragestellungen:
Frage 1 zur Diskussion:
Halten Sie militärische Strukturen der Europäischen Union für notwendig?
Wesentliche Argumente im Verlauf der Diskussion:
· Eine Europäische Armee – wie soll das wirtschaftlich gehen? Die nationalen Armeen können doch viel besser wirtschaften.
· Nein, eine Europäische Armee wäre viel günstiger. Hier gäbe es ein sehr hohes Einsparungspotenzial. 25 Milliarden könnten eingespart werden.
· Wir bräuchten sowohl die nationalen Armeen, als auch eine Europäische Armee, in die dann die nationalen Armeen freiwillig „Stück für Stück“ eintreten können.
· Eine Europäische Armee mit einer Kommandostruktur wäre besser als 27 nationale Armeen, aber das ist noch ein langer Weg. Da brauchen wir vorher eine gemeinsame Fiskalpolitik, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, eine Zentralregierung und auch eine gemeinsame Identität.
· Die Notwendigkeit für eine Europäische Armee ist da. Die Idee einer „28. Armee“ ist sinnvoller als eine langsame „Archipel-Bildung“, sonst verfügen wir als Europa über keine Stärke in der Welt.
· Wir haben schon länderübergreifende Übungen, auch die Logistik ist teilweise schon da. Wir müssen uns nach unserer Zielsetzung fragen. Haben wir mit einer europäischen Verteidigung nicht viel weniger Entscheidungsfreiheit, weil 27 Staaten wie ein „Sack Flöhe“ sind? Was macht man mit der Armee im konkreten Einzelfall? Es ist eine geopolitische Frage, ob eine Armee sinnvoll ist.
· Wollen wir in Deutschland wirklich das Leben riskieren für einen Konflikt z.B. zwischen Griechenland und der Türkei? Jedes Land hat seine eigenen Sicherheitsbedürfnisse.
· Der Vergleich hinkt, sowohl Griechenland, als auch die Türkei sind beide NATO-Mitglieder. Wir sollten über das Verhältnis zur NATO sprechen.
· Auf die NATO können wir wahrscheinlich nicht auf Dauer bauen. Man muss die gestellte Frage nach einer europäischen Armee klar von der NATO abgrenzen.
· Ich bin Soldat und wir erhalten unseren Auftrag von der Politik. Die EU muss zuerst unseren Auftrag definieren, wie z.B. Schutz des Wirtschaftraumes und die außenpolitischen Ziele. Wenn das erfolgt ist, dann können wir unsere Fähigkeiten prüfen. Was haben wir schon; was brauchen wir noch und wie finanzieren wir das. Die Finanzmittel sollte dann nicht das entscheidende Problem sein. Ich vermute, wir kommen da nie hin, weil sich die 27 Mitgliedstaaten nicht einigen können.
· Wir haben aber nicht ewig Zeit. Wir müssen uns heute überlegen, was wir wollen. Unser oberstes Ziel ist Frieden. Was brauchen wir, um ihn zu erhalten und zu schaffen? Wir haben einen EU-Wirtschaftsraum, aber es muss mehr Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Menschen in der EU hergestellt werden. Ich wünsche mir, dass wir uns in der EU als Nation fühlen. Und die müssen wir nach außen vertreten und dazu gehört auch eine gemeinsame Verteidigung. Und das brauchen wir morgen und nicht erst in 100 Jahren.
· Es gab ja schon viele Anläufe, aber es gab bisher keinen politischen Willen und auch keinen Volkswillen. Meine Hoffnungen sind leider inzwischen eher weg. Deshalb bleibt uns wohl nur Kooperation. Die Länder sind zu unterschiedlich, Österreich z.B. ist ja immer noch neutral.
· 27 verschiedene Systeme sind einfach zu teuer. Man sollte sich auf wenige gemeinsame Systeme konzentrieren. Es wäre deshalb wichtig, die EU innenpolitisch zu einen, um die Struktur einer Europäischen Verteidigung zu schaffen.
· Es war schon in der Antike so: Ein Staat braucht Grenzen, Steuern und ein Militär. Es fehlt ein Europäischer Staat und den werden wir wohl leider noch lange nicht haben. Deshalb müssen wir mit bilateralen Kooperationen arbeiten, wie z.B. zwischen Deutschland und Frankeich. Und solange wir einen Untermieter im Europäischen Haus haben - sowohl im Keller aber auch über uns – wird das ohnehin schwierig. Ich meine die USA.
· Ja, worüber sprechen wir eigentlich, solange die USA alles bestimmen. Wir sind einerseits Freunde, dann aber wieder doch nicht.
· Die Europäische Armee macht erst dann Sinn, wenn die EU ein Staat wird. Das steht ja im Koalitionsvertrag jetzt auch drin. Aber in bin in den letzten Jahren viel pessimistischer geworden, weil wir so viele Rückschritte gemacht haben (Brexit, Schengen nicht mehr umgesetzt, Spitzenkandidatenwahl schiefgegangen; bei Corona haben wir uns gegeneinander ausgespielt und als Hochrisikogebiete eingestuft). Mir blutet das Herz, ich habe resigniert.
· Wir dürfen nicht resignieren. Demokratie braucht die Teilnahme der Menschen. Wählen alleine reicht nicht. Es für utopisch zu halten, ist feige. Man muss heute aufstehen, und es fordern. Dann bewegt sich auch die Politik.
· Europa ist schwach in der Welt. Russland und China positionieren sich und Europa zeigt sich nicht. Wir sind das Zentrum der Demokratie und müssen etwas tun, um unsere Werte zu schützen und durchsetzen zu können.
· Persönlicher Beitrag des Referenten, der den Impulsvortrag gehalten hat: Ich wurde Anfang der 50-iger Jahre in der Nähe der deutsch-französischen Grenze geboren und spielte als Kind in den Bunkern auf Deutsche zu schießen. Das war „normal“. Einige wenige – wie Jean Monet - wollten dies ändern und sie haben es geändert! 1963 kam der Élysée-Vertrag. Da habe ich Deutsch lernen müssen. Später habe ich in Deutschland gearbeitet und lebe nun hier. Wenige Menschen haben sich dafür eingesetzt, etwas zu verändern – und sie haben den üblichen Lauf der Geschichte unterbrochen. Vor allem Deutschland und Frankreich müssen ihre Kräfte bündeln, denn zusammen können sie etwas bewegen. Wir müssen es Politikern klar machen, Systematik ist erforderlich. Utopie ist daher das falsche Wort; es handelt sich lediglich um ein schwieriges Ziel. Wenn man vorankommen will, braucht man eine Vision. Dann muss man sich konkrete Ziele setzen und eine Strategie entwickeln – dann kommt man auch voran.
Frage 2
Was ist Ihre Vision zu unserem Thema und welche Ziele und welche Strategie lassen sich daraus ableiten?
Nach einer fünfminütigen Diskussion der Bürger untereinander an den einzelnen Tischen werden von Diskussionsgruppen der Teilnehmer folgende Abschlussstatements abgegeben:
· Neben den nationalen und den Strukturen der NATO sollte es keine eigenen Europäische Verteidigungsstruktur geben. Vielmehr sollte man die NATO-Struktur nutzen und innerhalb dieser Struktur eine europäische Verteidigung aufbauen.
· Wir haben schon eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aber sie muss weiter ausgebaut werden.
· Nicht die EU bestimmt die Mitgliedstaaten, sondern die Mitgliedstaaten die EU. Die Diversität macht uns stark. Innerhalb der EU hatten wir keinen Krieg mehr seit Schumann. Es sollte keine Armee für alle geben, aber eine gemeinsame Rüstungsindustrie. Der Europäische Wirtschaftraum ist das Wichtigste und den müssen wir nach außen verteidigen.
· Aus der bipolaren Welt des kalten Krieges ist eine multipolare Welt geworden. Wie wollen wir uns dieser Welt behaupten? Auf die USA können wir uns wohl nicht dauerhaft verlassen. Der einzige Weg, um uns als EU zu behaupten, ist nicht nur eine starke Wirtschaftsmacht zu sein, sondern auch eine starke Außenpolitik und eine Verteidigung zu haben. An einer EU-Armee kommen wir nicht vorbei.
· Wir brauchen eine „res publica“, eine Europäische Republik. Denn damit wären alle Voraussetzungen, auch für eine Europäische Armee erfüllt.
· Ich bin leider, was die Realität betrifft sehr pessimistisch, aber wünschen würde ich mir einen Europäischen Staat mit einer eigenen Verteidigung, losgelöst von den USA und von der NATO.
· Die entscheidende Frage ist doch: Warum? Nicht abstrakte Begriffe sind wichtig, sondern das Ziel unserer Politik. Und das sind unsere Europäischen Werte, die wir herausgebildet haben (Menschenrechte, Umwelt usw). Die Weltordnung wird sich verändern (siehe USA, China, Russland). Es steht Veränderung an. Wenn wir unsere Werte an unsere Kinder weitergeben wollen, dann müssen wir uns auf Unvorhergesehenes gefasst machen. Deshalb ist eine gemeinsame Verteidigung wichtig!
· Diskutieren ist wichtig, ich nehme Bezug auf die schon genannte „res publica“, aber machen ist noch wichtiger!
II.
Zur Abstimmung:
Im Hinblick auf die Autodynamik der regen Diskussion werden die zur Abstimmung vorbereiteten Fragen nur zum Teil zur Abstimmung gestellt und - soweit spontan möglich - an den Diskussionsinhalt angepasst. Die vorbereiteten Fragen zur Abstimmung, deren Inhalt am heutigen Abend nicht mehr diskutiert wurde, wurden nicht zur Abstimmung gestellt. Es wurde der Wunsch geäußert, einen weiteren Diskussionsabend zu diesem Thema zu veranstalten, da der Diskussionsbedarf zu diesem Thema deutlich sichtbar war. Von den 26 Teilnehmern haben zwei nicht an der Abstimmung teilgenommen, zweimal ergaben sich bei der Auswertung nur 23 Stimmen, entweder hat hier eine weitere Person nicht abgestimmt oder es lag hinsichtlich einer Stimme ein Zählfehler vor.
Frage 1
Halten Sie militärische Strukturen der Europäischen Union für notwendig?
· 1 Nein-Stimme
· 0 Enthaltungen
Frage 2
Plädieren Sie für eine EU-Armee, die einerseits im Rahmen der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) eigenständig handeln kann und die andererseits die europäische militärische Komponente der NATO darstellt?
· 11 Ja-Stimmen
· 3 Nein-Stimmen
· 9 Enthaltungen
Frage 3
Sollen die für einen Europäische Verteidigung erforderlichen politischen und institutionellen Voraussetzungen auf der Ebene der EU geschaffen werden, insbesondere durch
a) eine stärkere gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik:
· 0 Nein-Stimmen
· 0 Enthaltung
b) eine echte politische Entscheidungsfähigkeit über etwaige Einsätze
· 16 Ja-Stimmen
· 1 Nein-Stimme
· 6 Enthaltungen
c) Entwicklung einer gemeinsamen Strategie
· 24 Ja-Stimmen
· 0 Nein-Stimmen
· 0 Enthaltungen
Frage 4
Soll eine eigene EU-Armee, an Stelle eines Verbundes von 27 nationalen Armeen, von Anfang an auf europäischer Ebene gegründet werden, indem sie ihre Streitkräfte Schritt für Schritt so rekrutiert, wie die entsprechenden Aufgaben, Soldaten und Ausrüstung von den nationalen Armeen auf sie übertragen werden?
· 10 Ja-Stimmen
· 14 Nein-Stimmen
· 0 Enthaltungen
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